Die Guillain-Barré Seite

Infoserver über das Guillain-Barré Syndrom

Sofortmaßnahmen

Als erste Notmaßnahme ist die Überprüfung einer auslösenden Infektion anzusehen. Eventuelle Gabe von Antibiotika gegen Campylobacter jejeuni. Plasmapherese oder iVIG folgen. Je nach Schwere kann künstliche Beatmung notwendig werden. Für die ersten Tage ist in jedem Fall Überwachung auf der Intensivstation oder auf der Wachstation notwendig, Atmung und Kreislauf müssen überwacht werden.

REHA

Nach Abklingen der akuten GBS-Reaktionen, nach Ende der sog. Plateauphase (2 bis 4 Wochen) beginnt die Frührehabilitation. Hier und während der gesamten REHA-Maßnahmen ist allererstes Prinzip: Geduld. An zweiter Stelle rangiert noch mehr Geduld!!! Alles andere hat untergordnete Bedeutung. Das ist eine extreme psychische Belastung für den Patienten, die im Allgemeinen eine psychologische Betreuung erfordert. Die Nerven wachsen von alleine wieder nach, ganz im Gegensatz zu Störungen des Zentralnervensystems (Multiple Sklerose, Parkinson, Gehirntumor, Schlaganfall, Rückenmarksverletzungen)! Es ist bekannt, daß Vitamin B günstig für die Nerven ist, bzw. umgekehrt, daß bei Vitamin-B-Mangel Nervenerkrankungen auftreten. Ob eine zusätzliche Verabreichung von Vittamin B zur normalen ausgewogenen Ernährung notwendig ist, bleibt umstritten. Wegen fehlender Nebenwirkungen und nicht zu hoher Kosten, gehören Vitamin B-Präparate zum Standard ebenso wie milde Schlafmittel gegen die Schlaflosigkeit und eventuell Schmerzmittel.
Für die Verabreichung von Parkinsonpräparaten (L-Dopa) gegen die GBS-Ataxie gibt es keine medizinisch erkennbaren Begründungen. Die Ursachen sind zu verschieden. Beim Morbus Parkinson handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, Mangel an Dopamin (Tansmittersubstanz), beim GBS um mangelhafte elektrische Leitfähigkeit durch Unterbrechung der Myelinschicht.

Solange die Nerven nicht verbunden sind, kann ein entsprechender Muskel nicht aktiviert und nicht trainiert werden, auch nicht durch Elektrostimulation. Ist die Schädigung der Nerven jedoch eng auf den Wurzelbereich (direkt an der Wirbelsäule) beschränkt, sollte eine Übertragung der elektrischen Impulse von angelegten Elektroden bis zu den Muskelfasern möglich sein. Die Sehnen, Gelenke und Muskeln müssen aber elastisch und beweglich gehalten werden, damit sie dann wieder verfügbar sind, wenn die Nerven ihre Funktion wieder erfüllen können. Dies ist Aufgabe der Krankengymnastik und Physiotherapie. Passive Bewegung mit dem Motomed, (elektrisch angetriebene Pedale), Dehnungsübungen.
Eine allgmein neurologisch ausgerichtete Krankengymnastik erscheint nicht ausreichend, da es sich hier eben nicht um Schädigungen des ZNS handelt, sondern um den teilweisen Ausfall des peripheren Nervensystems. Die sog. Bobath-Methode ist z.B. auf das Training von Schlaganfallpatienten unter Ausnutzung der Plastizität des Gehirns ausgerichtet und setzt ein völlig intaktes peripheres Nervensystem voraus. Gerade dies ist aber beim GBS-Patienten nicht gegeben. Sobald die ersten Nervenverbindungen wieder hergestellt sind, müssen Übungen trainiert werden. Überbeanspruchungen sind dabei dringenst zu vermeiden, sie können zu bleibenden Schäden führen! Frühe Ermüdung der GBS-Patienten geben in der Regel ein natürliches Signal hierfür. Gelegentlich müssen auch Schienen zur Kontrakturprophylaxe angepaßt werden. Schwimmtherapie / Bewegungsbad ist besonders hilfreich, solange die Seitenstabilität des Patienten noch nicht wiederhergestellt ist. Auch ist auf Vermeidung einer möglichen Sklettverkrümmung durch zu intensive Benutzung von "Ersatzmuskeln" zu achten.
Bei ersten Versuchen im Rollstuhl empfielt es sich, den schwankenden Oberkörper durch Kissen oder Stützkorsett seitlich abzustützen. Die ersten Gehversuche mit mit Rollator sind in erster Linie eine enorme Belastung für Hand- und Armgelenke, da der gesamte Köper vorwiegend von diesen abgestützt wird. Diese Gehversuche sind außerordentlich wichtig, auch wenn u.U. keine Fortschritte erkennbar sind. Mit der weiter voranschreitenden Muskelatrophie geht nämlich auch ein Abbau der Knochensubstanz (Osteporose) einher. Deshalb kann auf eine regelmäßige Belastung der Beine und der Gelenke nicht verzichtet werden. Dieser Effekt wurde auch bei gesunden Astronauten beobachtet, die sich längere Zeit in Weltraumstationen wie der "Mir" im Zustand der Schwerelosigkeit befanden.
Sogenannte Peronäus-Schienen vom Orthopäden können eine geeignete Gehhilfe darstellen, wenn der Fußhebermuskel noch nicht durch den Nervus Peronäus aktitiviert werden kann.
Mehr hierzu unter: Krankengymnastik bei neuromuskulären Erkrankungen.

Folgeschäden des Nervenausfalls sind zu vermeiden: Thromosevorsorge, Augenflüssigkeit wegen fehlenden Lidschlagreflexes, Dekubitusvorsorge, Hautbehandlung wegen gestörter Schweißproduktion, Mangeldurchblutung der äußeren Gefäße u.v.a.m.

Heilung

So erschreckend und furchtbar der Ausbruch der Krankheit sein kann, ebenso dramatisch verläuft die natürliche Heilung. Nach langen Wartepausen spürt man ein leichtes Kribbbeln, Wärmeentwicklung, eventuell auch leichte Schmerzen und plötzlich ist z.B. in den Fingerkuppe ein Gefühl zu verspüren, oder nach heftigen Zuckungen kann der Oberkörper im Rollstuhl stabil gehalten werden oder sogar die ersten Schritte mit nur noch einseitiger Handabstützung gewagt werden. Dies sind dann Momente größten Glücksgefühls, die dann den Patienten emotional genauso fordern können wie der Sturz in die Lähmung. Es können aber auch sehr lange Pausen eintreten, in denen keine Verbesserungen feststellbar sind. Dann stellen die Krankenkassen auch die Zahlung von Krankengeld ein und zwingen den Patienten beim Rentenversicherungsträger die EU-Rente (Erwerbsunfähigkeitsrente) zu beantragen. In jungen Jahren ist dies natürlich eine extrem beängstigende Situation.

Mögliche neue Therapieansätze

Im Deutschen Ärztblatt 96, Heft 30, Juli 1999
wurde über Versuche berichtet, nicht wieder nachwachsende Nervenverbindungen bei Rückenmarksverletzungen mit Clenbuterol zum Neuwachstum anzuregen. Clenbuterol, ein Beta2-Rezeptoragonist, ist ursprünglich als Asthmamittel entwickelt worden, man entdeckte dann aber schnell die nicht beabsichtigte Nebenwirkung der Muskelhypertrophierung als Anabolikum zu nutzen. Bei der Kälbermast und beim Doping von Sportlern erlangte es in der Öffentlichkeit eine unrühmliche Beachtung. Da bei länger andauernderm GBS der Muskelabbau auch während der Heilungsphase ein nicht unerhebliches Problem ist, sollte die Anwendung von Clenbuterol in die Überlegung einer Therapie einbezogen werden. Sollte sich die Sprossung der Nerven durch Clenbuterol tatsächlich positiv beeinflussen lassen, wäre das ein zusätzliches Kriterium. Ausgangspunkt der zitierten Untersuchungen von Scott Thomas Sayers (Hines, Illinois) war die Erfahrung, daß sowohl inervierte als auch denervierte Muskeln unter Clenbuterol (als Spiropent/Boehringer Ingelheim im Handel) einen Massezuwachs erfahren.
Dies erscheint zumindest sinnvoller als die häufig angewendete Elektrostimulation, die bei verletzten peripheren Nerven doch weitgehend fraglich sein dürfte, nach einigen Literturangaben sogar schädlich ( A central role for denervated tissues in causing nerve sprouting. Nature 1979 Dec 13;282(5740):724-6 (ISSN: 0028-0836) Brown MC; Holland RL ).
Die meisten Patienten in den neurologischen REHA-Kliniken sind halt Schlaganfall-, Gehirntumor-, MS- oder Rückenmarks-Patienten, hier ist der positive Einfluß der Elektrostimulation bekannt, wohl deshalb wird gerne auch beim GBS angewendet.
bezüglich Spiropent siehe auch: Muskelkranke e.V. Hessen

Nahrungsergänzungsmittel

Grundsätzlich gilt, daß in einer normalen ausgewogenen Ernährung, wie sie in Mitteleuropa üblich ist, sämtliche Bestandteile enthalten sind, die ein Körper benötigt, um die zerstörte Nervensubstanz wieder aufzubauen. Trotzdem gibt immer wieder Versuche und Überlegungen, den beim GBS extrem langsamen Heilungprozeß durch Bereitstellung einer besonderen Nahrung günstig zu beeinflussen oder zu beschleunigen.

Eine mögliche weitere Muskelatrophie-Prophylaxe kann in der Anwendung von Kreatin gesehen werden. Kreatin ist für den Energiestoffwechsel in dem Muskelgewebe verantwortlich.
Näheres hierüber ist unter www1.cell.biol.ethz.ch, Kreatin-Ergänzung einzusehen. Kreatinprodukte sind eher in Fitness-Centern als in Apotheken erhältlich.

Leinöl als Nahrungsergänzung (1 Teelöffel in Quark verrührt pro Tag) soll einen positiven Einfluß auf das Nachwachsen der Myelinschicht haben. Ein Versuch kann nicht schaden, ebenso mit Omega-3 Fettsäuren in Fischölkapseln? Klinische Studien über einen Nutzen gibt es nicht. Erfahrungsberichte Einzelner haben leider keinerlei Aussagekraft, selbst bei tatsächlich nützlicher Wirkung nicht. Da über sehr lange Zeiträume immer wieder Heilungen auftreten, ob nun wegen oder trotz der Einnahme oder gar wegen der Vermeidung einer speziellen Nahrung, läßt sich ein kausaler Zusammenhang nicht nachweisen, es fehlt schlicht der Doppelblindversuch. Diese Überlegung stammt von einer nicht anerkannten Therapie bei MS-Patienten, die von dem umstrittenem Arzt Dr.Hebener praktiziert wird.
Leinöl, bei Berlinern und in der Lausitz gerne als Zusatz zu Quark mit Pellkartoffeln verwendet, und Lachsöl in Form von Kapseln gibt es in jedem besseren Supermarkt. Leinöl wird schnell ranzig, deshalb nur in kleinen Mengen kaufen, 100ml-Fläschchen.
Vorsicht: Leinöl wirkt abführend, zwar nicht so stark wie Rhizinus, aber doch bei merkbar!! Kaltgepreßtes Speiseleinöl wird z.B. von Kunella Feinkost GmbH in Cottbus, der Erfurter Ölmühle oder von Schneekoppe u.a. hergestellt bzw. vertrieben.

In die gleiche Überlegung zur Stützung des Fettstoffwechsels zählen sog. Phospholipide, besser bekannt als Lecithin, was man früher Schulkindern als Aufbauförderung gab, ("Buer Lecithin Flüssig" oder Lecithin-Kapseln).

Bei einer Dauerbehandlung von CIDP mit Kortisonpräparaten sollte dringend auf eine entsprechende Osteporosevorsorge geachtet werden, z.B. eignet sich hierfür u.a. Fosamax. Diese Osteoporosevorsorge muß zeitgleich mit der Kortisonbehandlung beginnen, nicht erst, wenn die Wirbel beginnen einzubrechen oder beim Lachen und Husten die Rippen brechen.

Warnung: Üble Geschäftemacher nutzen Sorgen und Ängste von chronisch Schwerkranken mit allerlei Heilversprechungen oft aus. Gerade auf dem Gebiet der Nahrungsergänzungsmittel tummeln sich unzählige Quacksalber herum, die ausschließlich z.T. mit allerbilligsten Abfall- oder Massenprodukten zu weit überteuerten Preisen das schnelle Geld machen wollen. Hinweise wie: beste Erfolge..., hat bei mir sehr gut geholfen..., kann ich nur weiter empfehlen... usw. sind Standardfloskeln der Werbeaktionen, es wird sogar versucht, Selbsthilfegruppen für die Vertriebswege zu mißbrauchen.
Auf der Seite von Quackwatch hat sich jemand Gedanken zu diesem Thema gemacht. Auch Roland Wilhelm Ziegler bemühte sich um Aufklärung auf seinen Seiten, die jetzt nur noch im WEB-Archiv einsehbar sind: http://www.vrzverlag.com/esoterik/index.htm . Über mögliche Schäden bei Autoimmunerkrankungen gerade durch hochdosierte Vitamine warnt das Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.) e.V.

Wulf Schwick

AWMF-Leitlinien GBS
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Erfahrungsberichte :
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Deutsches Ärzteblatt 96, H. 30, 30.7.1999, S. A-1951

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